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Schicksale der kindlichen
Bedürfnisse
Jedes Kind hat das legitime Bedürfnis, von
der Mutter gesehen, verstanden, ernstgenommen und respektiert zu
werden. Es ist darauf angewiesen, in den ersten Lebenswochen und
Monaten über die Mutter verfügen zu können,
sie zu gebrauchen, von ihr gespiegelt zu werden. Am schönsten
lässt sich das veranschaulichen mit einem Bild von Winnicott:
Die Mutter schaut das Baby an, das sie im Arm hält, das Baby
schaut in das Antlitz der Mutter und findet sich selbst darin,
vorausgesetzt, dass die Mutter wirklich das meine, einmalige, hilflose
Wesen anblickt und nicht ihre eigenen Erwartungen, Ängste,
Pläne, die sie für das Kind schmiedet, auf das Kind
projiziert. Im letzteren Fall findet das Kind im Antlitz der Mutter
nicht sich selbst, sondern die Not der Mutter. Es selbst bleibt ohne
Spiegel und wird in seinem ganzen späteren Leben vergeblich
diesen Spiegel suchen.
aus: "Das Drama des begabten Kindes" von Alice Miller