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"Der Säugling, der nicht genügend getragen wird, entwickelt auch kompensatorisches Verhalten, um sich seine Qual zu erleichtern. Er stößt so heftig er kann um sich, um das kribbelnde Verlangen auf seiner Haut (nach der Berührung durch einen anderen Menschen, R. I.) zu lindern, ... er entdeckt ein wenig Trost in seinem eigenen Daumen; dieser erleichtert das unaufhörliche Verlangen in seinem Mund ein wenig. Selten saugt er wirklich daran; er wird gut genug ernährt, um seinen Hunger zu stillen, und er spürt das Verlangen, am Daumen zu lutschen, nur dann, wenn er gefüttert werden will, ehe es gemäß Fütterungsplan Zeit dafür ist. Normalerweise hält er den Daumen nur in den mund, um gegen die unerträgliche Leere dort anzukämpfen, die ewige Einsamkeit, gegen eine Ahnung, dass der Mittelpunkt von allem woanders sei.

Seine Mutter zieht ihre Mutter zu Rate und ihr wird das Ammenmärchen erzählt, dass Daumenlutschen einen schlechten Einfluss auf die Stellung der zukünftigen Zähne habe. Aus Sorge um sein Wohlbefinden bemüht sie sich um Abschreckungsmittel wie eklig schmeckende Farbe für all seine Finger; und wenn er in seinem übermächtigen Verlangen doch von einem Daumen lutscht, bindet sie ihm die Handgelenke an die Gitterstäbe seines Bettchens. Sie bemerkt jedoch, dass er seine gefangenen Glieder im Kampf, sie zu befreien, so oft herumgedreht hat, dass die Schnüre sich verdreht haben und schon den Blutkreislauf einer Hand abschnüren..."

Jean Liedloff: "Auf der Suche nach dem verlorenen Glück - gegen die Zerstörung unserer Glücksfähigkeit in der frühen Kindheit", Beck'sche Reihe, Bd. 224, s. 93-94

etwas ausführlicher ist dieser Text von Jean Liedloff auf folgender Seite zitiert:
http://matriarchat.net/grundlagen/zusammenleben/kinder/daumenlutschen.html