Gewaltfreie Kommunikation
Ich fühle mich so ausgeschlossen!
Häufig benennen wir unsere Gefühle nach dem, was
andere
tun, (meist mit der Partizipialform):
Ich fühle mich gehetzt,
beobachtet, benutzt...
Aber "ausgeschlossen" ist gar nicht wirklich die Bezeichnung
für
ein Gefühl, sondern
für das, was andere mit mir nach meiner Einschätzung
machen.
Es ist meine Analyse des Tuns der anderen. Natürlich
ist das
ganz nahe dran,
an dem was ich fühle. Mein Gefühl steckt schon darin,
aber
das eigentliche Gefühl ist vielleicht Hilflosigkeit,
Einsamkeit,
Angst ausgeschlossen zu werden, oder...
Wenn ich den Anderen sage: "Ich fühle mich ausgeschlossen!"
werden
sie
sich wehren: "Wir schließen dich doch gar nicht aus!" Oft
auch
dann, wenn sie dich wirklich nicht dabei haben wollen.
Niemand
lässt sich gern analysieren. Der Versuch, das
Gespräch an
dieser Stelle fortzusetzen, führt dann nur zu gegenseitigen
Vorwürfen oder ähnlichem fruchtlosen Hin und Her.
Wenn ich mein wirkliches Gefühl spüre, und es den
anderen
mitteile und auch das Bedürfnis, was dahinter steht, kann ich
eine
konkrete Bitte formulieren: "Ich fühle mich unwohl"
(Gefühl).
"Ich möchte nicht allein sein" (Bedürfnis). "Darf ich
zu euch
kommen?"(Bitte)
Dann kann es natürlich immer noch so sein, dass sie sagen:
Nein,
das möchten wir nicht. Wenn ich aber mein
eigentliches
Bedürfnis, nicht allein sein zu wollen, für mich
selbst
akzeptiert habe und den anderen mitteile, dann ist ihre Entscheidung,
für sich sein zu wollen, keine Entscheidung gegen mein
Gefühl
und deshalb für beide Seiten akzeptabel.
Wenn mir auffällt, dass ich in Gedanken so auch mit mir rede,
dass ich
z.B. sage: "ich fühle mich so missverstanden." dann besteht
die Gefahr,
dass ich noch mehr in die hilflose Rolle hineingehe (bis zu Depression)
oder in die
trotzige, die dem anderen aber mal zeigt, was 'ne Harke ist.
Beides
bringt mich nicht weiter.
Wenn es mir aber auffällt, dass ich so mit mir rede: "ich
fühle
mich missverstanden", ist es nicht förderlich, wenn
ich mich
deshalb ermahne, doch nach den Erkenntnissen der Gewaltfreien
Kommunikation zu leben und das anders auszudrücken. Das bleibt
eine Ermahnung, auch wenn ein "guter" Vorsatz darin enthalten ist.
Und eine Ermahnung zieht mich runter.
Ich kann es aber annehmen, dass ich es so gesagt habe und nach dem
Gefühl suchen, das damit ausgedrückt werden sollte.
Ich kann mich darüber hinaus auch fragen, warum ich das in
dieser
Form ausdrücke und darüber nachdenken und dem
nachspüren, wie es sich anfühlt, wenn ich
diese Art zu
formulieren als Ausdruck meiner eigenen kindlichen Situation betrachte.
Habe ich das vielleicht so gesagt, weil ich eine solche Situation von
damals sehr "gut" kenne, als ich noch nichts dagegen unternehmen konnte.
Wenn ich dann fragen kann, was für ein
Gefühl ist das wirklich? - kommt vielleicht: "ich bin
traurig." Und
wenn ich dem nachspüre, wie sich diese Traurigkeit
anfühlt, kommt
vielleicht noch etwas ganz anderes zum Vorschein...
Wenn ich bei meinem inneren Dialog von meinem
Gefühl ausgehe
und die Bedürfnisse erkenne, die dahinter stehen, werde ich
viel
eher einen Weg finden, auf diese Bedürfnisse einzugehen.