Neurobiologische
Entdeckungen
Der
wesentliche Unterschied zwischen Menschen und Schimpansen oder Bonobos,
der dazu geführt hat, dass Menschen komplizierte Kulturen und
Techniken
entwickelt haben, ist wohl die Tatsache, dass wir besser kooperieren
können. Allein hätte keiner auch nur eine kleine
Pyramide bauen können.
Und das ist weitgehend darauf zurück zu führen, dass
unsere Fähigkeit
zu Mitgefühl besser ausgebildet ist. Schimpansen haben keine
Hemmungen,
dem anderen im Zorn ein Ohr ab zu beißen oder den Arm zu
brechen. Die
Fähigkeit, den Schmerz des Gegenübers mit zu
fühlen, ist bei ihnen weniger gut entwickelt.
Menschen beflügelt die
Aussicht auf gelingende Kontakte, weil dabei
"Glücksbotenstoffe" ausgeschüttet werden, mehr noch
bei wirklich
gelingenden Kontakten und gegenseitiger Anerkennung und Zuneigung
(Dopamin, Oxitozin
evtl. sogar Endorphine).
Bei
der Übervorteilung oder beim Besiegen des anderen werden solche
"Glücksbotenstoffe" nicht freigesetzt. Das kann nur bewirken, dass
(meist unbewusste) Angst und Stress beim Sieger vorübergehend reduziert
werden durch Abbau von Stresshormonen.
Dieses
Belohnungssystem ist bei uns besser
ausgebildet als bei anderen Primaten, und deshalb
können
wir besser kooperieren. Mit diesem Belohnungssystem sind wir auch
prinzipiell
eingerichtet für ein Leben in Menschlichkeit und
Solidarität. Und die
Menscheit hat die Chance, sich auf diese Gaben zu besinnen. (Vergl.:
Joachim Bauer: "Prinzip Menschlichkeit")
Die natürliche Konsequenz wäre ein System,
in dem alle Menschen hinreichend versorgt und zufrieden sind.
Konkurrenz,
Herrschaft und Unterdrückung sind nicht die natürliche Form des
Zusammenlebens von Menschen sondern die Folge von Jahrtausende alter
und immer wieder veränderter Herrschaftssysteme.
Tatsächlich
ist die Mehrheit der lebenden Menschen durch eine kinderfeindliche
Erziehung (lebensentfremdeten Erziehung, wie Marshall B. Rosenberg es
nennt)
partiell behindert, weil die Aussschüttung von "Glücksbotenstoffen"
in frühester Kindheit gelernt werden muss und nur dann optimal
gelernt
wird, wenn hinreichend gute Bindungen zu den Bezugspersonen gegeben
sind und die Grundbedürfnisse
liebevoll und ausreichend erfüllt werden.
Grundbedürfnisse sind für ein Neugeborenens nicht nur
Essen, Trinken,
Schlafen, Sauberkeit sondern, mehr noch als für Erwachsene,
Körperkontakt und das Gefühl, gehalten und als Person
akzeptiert zu
werden mit allen Gefühlen, also auch wenn man weint, schreit
und wütend
ist. Wer das nicht
ausreichend erlebt
hat, ist in seiner
Glücksfähigkeit möglicherweise erheblich
behindert und empfindet es
bereits als Glück, wenn der Stress nachlässt, und
weiß gar nicht, was
Glücklichsein wirklich ist oder sein kann. Und dabei ist es
dennoch
so, dass die meisten Menschen ihre Situation als normal
empfinden,
sie
kennen nichts anderes und sie wissen daher nicht, ob sie zu viel
Stresshormone produzieren oder zu wenig Dopamin...
Durch
repressive Erziehung werden Menschen zurück geworfen auf die
Stufe von
Schimpansen
Ist
die Situation für einen Säugling immer wieder
beängstigend und die
Bindung unsicher, wird
die Bildung der "Glücksbotenstoffe" nur eingeschränkt
gelernt.
(z.B.
wenn er häufig allein in ein einsames Zimmer gestellt wird und
dann
sein Schreien ignoriert wird, oder wenn
eine Bezugsperson immer wieder laut
schimpft, oder,
oder... - wenn man bedenkt, dass selbst Babymord gar nicht so selten
ist, wird deutlich, dass bis dahin noch eine ganze Skala von
Gewalttaten existiert, die kleinen Kindern zugefügt werden,
die ich
hier nicht alle aufzähle.) Je
bedrohlicher und je unsicherer die Kontakte für den kleinen
Menschen
sind, um so stärker wird dann dagegen die Bildung von
Stresshormonen
gelernt, was dazu führt, dass solche Menschen in
ihrem Leben
viel
mehr Angst
verspüren und so durch die Erziehung praktisch auf die
emotionale
Kompetenz von
Schimpansen *(s.u.) zurück geworfen werden.
Wie durch
solche Erfahrungen sogar
die Ablesung der Gene für die Produktion von Botenstoffen
verändert
wird, ist von J.
Bauer sehr gut beschrieben worden, so dass ich das hier nicht
wiederhole. (http://www.psychotherapie-prof-bauer.de/
Klick dazu links auf "Seele und Körper").
Solche
Menschen werden dann eventuell
Gewaltverbrecher oder auch
despotische oder "nur" militaristische Politiker. (Dass letztere dann
trotzdem eine freundliche Maske haben können und sogar viele
Menschen
begeistern, ist bekannt. So einfach gestrickt, sind Menschen eben doch
nicht. Aber meist lassen sich wohl solche Menschen von Kriegstreibern
begeistern, die sich ihrer eigenen verdrängten Wut auch nicht
bewusst
sind.)
Menschen,
die den Weg
der Aggression nach außen nicht gehen können,
führt eine solche
Kindheit möglicherweise in Depression oder andere Krankheit.
(vergl.
auch: http://www.psychotherapie-prof-bauer.de/
Klick dazu links auf
"Depressionen" )
Ob ein Leben so negativ verläuft oder trotz des
schweren Starts relativ
"normal", hängt davon ab, ob
und in welchen Maße misshandelte Kinder Liebe und Schutz oder
wenigstens Unterstützung und Verständnis
bei "helfenden Zeugen" (Alice Miller)
finden und die
verschütteten
Fähigkeiten wenigstens ansatzweise erlernen können.
Die
Tatsache, dass bei uns die verschiedensten Formen von Sucht so
verbreitet sind und selbst "in den besten Familien" vorkommen,
lässt
erahnen, dass "psychische Gesundheit" nur ein relativer Begriff sein
kann. Was das wirklich bedeutet, kann sich von uns kaum jemand
vorstellen.
Eigentlich
jeder Mensch empfindet das eigene Weltbild, die grundlegenden
Einstellungen, nach denen er sein Leben einrichtet, als
natürlich und
selbstverständlich. Das ist aber nicht wirklich so. Wir alle
sind mehr
oder weniger Produkt einer strafenden Erziehung.
Und
wenn es nicht vor 9000 Jahren bis vor 6000 Jahren, also
für etwa 3000 Jahre tatsächlich einen für
uns kaum vorstellbaren
Frieden gegeben hätte, erschiene die Hoffnung, dass es jemals
wieder
wesentlich besser werden könnte, noch utopischer.
Aber
in dem Maße, wie einzelne Menschen sich bewusst werden ihrer
eigenen
Beeinträchtigung durch unser Gesellschafts- und
Erziehungssystem, und
auch Wege finden, ihre eigene Menschlichkeit und psychische Gesundheit
zu entwickeln, gibt es grundsätzlich die Hoffnung, dass Formen
des
Zusammenlebens gefunden werden können, die uns heute geradezu
paradiesisch vorkommen müssen.
_____________________________________________________
*
Dabei
bin ich nicht sicher, ob den Schimpansen damit nicht Unrecht getan
wird, weil sie mit ihren Säuglingen meist weniger sadistisch
umgehen,
wenigstens versuchen sie nicht, ihren Nachwuchs bereits in den ersten
Wochen "abzuhärten" oder sie unter Strafandrohung zur
Befolgung
gesellschaftlicher Regel zu dressieren, in einer Zeit also, wo das nur
Schäden
verursacht.
letzte Änderung 29. 4. 2012