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Strafe
Wenn eine Pflanze nicht so wächst, wie es dir gefällt, bestrafst du sie? (M. B. Rosenberg)

Strafe muss sein!

So hieß es zu Kaisers Zeiten.
So hieß es in Zeiten von Sklavenhaltung und Leibeigenschaft.
So steht es deshalb auch in immer noch als heilig bezeichneten Büchern, die geschrieben wurden von Menschen, die in Sklavenhaltergesellschaften aufgewachsen sind.
Und so denken wohl immer noch viel zu viele Menschen.
So wird unsere Strafjustiz begründet.
So werden militärische Einsätze und Kriege gerechtfertigt, die so unnütz sind wie ein Kropf.


Muss Strafe wirklich sein??

Ich denke nein!!!
Gras wächst auch nicht schneller, wenn man daran zieht. 
Afrikanisches Sprichwort

Strafe hat noch nie zu einer Besserung geführt sondern immer nur Groll aufgebaut. Das meist nur vorübergehende Wohlverhalten wurde viel zu teuer erkauft. Der Groll führte meist zu irgendeiner Art von Rache, bedauerlicherweise bei Kindern oft als Selbstbestrafung und bei introvertierten Kindern zu Neigung zu Depressionen und autoaggressiven Erkrankungen im späteren Leben.

Strafgefangene, die nicht rückfällig werden, haben ihren Wandel nicht durch die Strafe
erreicht, sondern trotz der Strafe aus anderen Gründen.

Dass die Androhung von Strafe trotzdem eine gewisse Abschreckungswirkung hat, sei unbestritten. Dennoch ist auch bekannt, dass die Strafandrohung nicht hilft bei Tätern, die aus dem Affekt heraus handeln, und dass eine Verschärfung des Strafrechts die Zahl der Straftaten nicht wirklich senkt.

Strafandrohung führt häufig zu entsprechendem Vermeidungsverhalten, solange die Kontrolle gewährleistet ist. Die Katze geht nicht auf den Tisch, solange Herrchen in der Nähe ist. Bei Menschen ist das nicht viel anders. Dass deshalb für Menschen, die gewöhnt sind, unter dem Druck von Strafandrohung zu leben, eine plötzliche Abschaffung eines solchen Systems ein verwirrendes Vacuum erzeugen würde, ist auch klar. Die Abschaffung des Systems der staatlichen Strafen kann erst dann beginnen, wenn wirklich genügend Menschen ähnlich denken wie Gandhi oder Rosenberg und wenn genügend Menschen aufgewachsen sind in straffreier Kindheit und in Respekt ihrer Persönlichkeitsrechte vom ersten Tag an, in liebevoller Behütung ohne übergrifige Bevormundung und ständige Belehrung.


Strafjustiz kann erst abgeschafft werden, wenn genügend Menschen wissen, dass ein neugeborenes Kind wirklich  unschuldig ist und keineswegs mit einer "Erbsünde" behaftet. Und wenn Allgemeingut geworden ist, dass kleine Kinder eine unglaubliche Kompetenz haben, die Gepflogenheiten ihrer sozialen Umgebung aufzunehmen und sich an diese anzupassen
egal ob sie im tropischen Regenwald bei einem Naturvolk aufwachsen oder in einem Slum von Rio de Janeiro oder in einer bürgerlichen Familie in Europa, und dass sie alle zu sehr sozialen Menschen heranwachsen würden, wenn ihnen dies vorgelebt würde.

Marshall B. Rosenberg schreibt in dem Buch "Das Herz gesellschaftlicher Veränderung" : "Einmal habe ich mit einer Person aus einer anderen Kultur zusammengearbeitet, in der das Konzept der Bestrafung unbekannt ist. Der Mann fragte mich an einem Punkt unserer Unterhaltung: 'Wenn eine Pflanze nicht so wächst, wie es dir gefällt, bestrafst du sie?' Wenn ein Kind sich nicht so verhält, wie wir es uns wünschen, bestrafen wir es? Wenn wir uns die Frage dieses Mannes ansehen, dann macht Bestrafung einfach keinen Sinn."

Dass genügend Leute so denken, wird auch wohl erst dann möglich sein, wenn es allgemein bekannt ist, was Neurobiologen in den letzten 20 Jahren herausgefunden haben, dass nämlich das Belohnungssystem in unserem Gehirn ausgerichtet ist auf gelungene menschliche Kontakte und keineswegs auf Konkurrenz, wie man es uns weismachen will. Menschen sind von ihrer Biologie her nicht gepolt auf den Kampf. Es macht nicht glücklich, den anderen zu besiegen, (Siegen entlastet nur ein wenig von der latenten Angst, die als solche gar nicht wahrgenommen wird). Glückshormone werden ausschließlich ausgeschüttet beim Gelingen von menschlichen Beziehungen.

Es ist daher notwendig, dass möglichst jeder Einzelne für sich erkennt, dass Strafe in der Erziehung von Kindern nur zerstörerisch ist.

Mir ist auf dem Weg dahin wichtig, dahinter zu schauen, was es für mich persönlich und für mein Gegenüber bedeutet, in einem auf Strafe basierenden System aufgewachsen zu sein. (Mir ist es auch wichtig, zu lernen, nicht mit Gegengewalt zu antworten, wenn mein Gegenüber versucht, verbale oder gar physische Gewalt anzuwenden. Das Ping-pong von Gewalt und Gegengewalt ist so unnütz wie ein Kropf.)

Also zurück zu der Frage, wie Kind wohl elterliche Gewalt erlebt:

Strafe war immer ein Mittel zur Disziplinierung und Ausübung von Macht und damit ein Mittel, mit dem Erwachsene versucht haben, eigene (meist uneigestandene) Ängste für sich erträglich zu machen. Sowie die Kontrolle entfiel, bestand die Gefahr, dass die aufgestaute Wut sich entlud, häufig genau so unkontrolliert wie es die Erwachsenen vorgemacht haben. 

Denn die Wurzel des Übels liegt in der falschen Behandlung der neugeborenen und ganz jungen Menschen. Wenn Eltern davon ausgehen, dass sie von Anfang an ihre Kinder erziehen und an Regeln gewöhnen müssten, ist das für die kleinen Menschen nur schrecklich. Im ersten Lebensjahr ist Erziehung Unsinn und es ist noch größerer Unsinn, so junge Menschen bestrafen zu wollen für die Übertretung von Regeln, die sie nicht verstehen und einsehen können. Bestrafung von so jungen Kindern ist ein grausames Verbrechen.




Kein Säugling schreit ohne Grund.

In den ersten Wochen und Monaten dürfen Babys erwarten, dass ihre Bedürfnisse erfüllt werden und dass Eltern wissen und herausfinden, was sie brauchen. Wenn man dagegen den Unsinn liest, der bei uns in den verschiedenen Ratgebern für Eltern verbreitet wurde und zum Teil immer noch verbreitet wird, kann man nur mit dem Kopf schütteln.
siehe auch liebende-Eltern.htm

Vergl auch Rosenberg-GFK-1.htm

Schlimm ist, dass all diese Unmenschlichkeiten bei den kleinen Kindern zwar Ärger und Zorn hervorrufen, dass sie diese Regungen aber in der Regel nicht ausdrücken dürfen, weil Eltern und andere Erwachsene meist nicht hinnehmen können, wenn Kinder protestieren. Wenn sie bei Widerreden nur noch härter bestraft werden, dann 
können die Kinder nur überleben, wenn sie sich selbst die Schuld geben und die Strafe akzeptieren, gegen die sie sich nicht wehren können. Das geht aber nur, wenn sich selbst für so minderwertig betrachten, dass man so schlimme Dinge mit ihnen machen kann und darf. Häufig ist damit verbunden, dass sie dabei verlernen, ihre Gefühle zu beachten, weil es zu schmerzhaft ist, zu fühlen, das aber nicht ausdrücken zu dürfen.

Das ist, was Alice Mille mit dem Begriff "Drama des begabten Kindes" meint. Das Gehirn des kleinen Kindes ist so mächtig, dass es die Wahrnehmung von elementaren Gefühlen unterdrückt, "verdrängt". (Ich habe einen Man kennen gelernt, dessen Arme keinerlei Schmerzempfindung hatten, weil er als Säugling an den Armen am Bett festgebunden worden war.)

Am Ende werden sie mehr oder weniger blind für verschiedene Gefühle, sie nehmen sie schließlich bewusst gar nicht mehr wahr und trotzdem brodeln die Wut, der Ärger und die Angst unter der Oberfläche
– und dieses Muster wird beibehalten und verfestigt, weil sich ähnliche Situationen immer wiedeholen. Je nach Naturell des Kindes und nach der Art der Reaktion der Erwachsen wird das Kind dann zunehmend verschlossener und depressiv oder es findet Wege extrovertiert sich Ersatz zu schaffen – oft genialistisch oder gewalttätig. (Sehr gut ist dieser Verdrängungsprozess beschrieben in: Arthur Janov: "Gefangen im Schmerz")

Die Qualen des kleinen Kindes und die unbewusste Erinnerung daran sind der eigentliche Hintergrund für einen großen Teil der verübten Straftaten. D
ie Gefühlsblindheit ist dabei häufig sehr wichtig. Menschen, die in ihrer Kindheit nicht erlebt haben, dass sie als Person respektiert werden, dass ihre Gefühle geachtet und ihre Grenzen gewahrt werden, haben als Erwachsene viel weniger Skrupel, mit anderen Menschen so umzugehen, wie man es mit ihnen getan hat.



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Strafjustiz ist ein Anachronismus in einer Demokratie.

Menschen, die es nicht gelernt haben, die Grenzen anderer zu achten und die nicht gelernt haben Wut, Zorn und Hass als eigene Gefühle wahrzunehmen, die von anderen zwar ausgelöst aber niemals erzeugt werden, werden leicht zu Straftaten neigen.

Sinnvoll wäre, wenn sie Hilfe bekämen, die Schmerzen von damals zu verstehen, die sie nun in ihrem Verhalten so negativ beeinflussen. Weil aber wohl die wenigsten Täter Einsicht in diese Zusammenhänge haben, werden sie kaum solche Hilfe suchen. Wenn sie dann die Strafe als Rache verstehen müssen, ist die Chance dazu noch viel geringer, als wenn sie in Sicherheitsverwahrung genommen würden und als psychisch/sozial krank betrachtet würden.

Ich weiß auch, dass grundsätzliche Überlegungen zum Strafrecht eigentlich verfrüht sind. Ich kann keineswegs politische Forderungen aus diesen Überlegungen ableiten, so lange sich nicht das Bewusstsein der Mehrheit in diese Richtung verändert hat. Erst dann kann überlegt werden, wie das auch umgesetzt werden kann.


Eine menschengerechte Justiz müsste dafür sorgen, dass die Allgemeinheit geschützt wird vor Menschen mit unerträglichem Verhalten. (Diebe, Mörder...) Aber diese sollten nicht eingesperrt werden als Rache – das nützt eh nichts – sondern zu ihrem Schutz und zum Schutz der Allgemeinheit vor ihnen.

Schutzhaft statt Erzwingungshaft

Ein Gewalttäter ist ebenso ein Opfer einer missglückten Sozialisation wie der kankhafte Geizhalz, der in seiner Unersättlichkeit und maßlosen Selbstüberschätzung ein großes Wirtschaftsunternehmen ruiniert, aber der zweite bringt Elend für viel mehr Menschen – nur der erste wird ungleich härter bestraft.

Wenn solche Leute in Sicherheitsverwahrung genommen werden und ihnen Grenzen gesetzt werden, ohne sie in unerträglichem Maße zu demütigen, ist es eher möglich, dass sie sich Hilfe holen, die Hintergründe für ihr unsoziales Verhalten zu ergründen und möglicherweise die verletzte Seele zu heilen...

Wenn Justiz in dieser Richtung menschengerechter würde, könnte auch die schreiende Ungerechtigkeit relativiert werden, dass die "kleinen" Ganoven viel härter bestraft werden als die Täter mit weißem Kragen.

Kriege

Die Kriegstreiberei der Leute um Bush, Cheney etc. ist in seinen Konsequenzen wohl weitaus schlimmer als die meisten Gewalttaten, die mit Höchststrafen belegt werden. Trotzdem werden gewählte Regierungen selten für ihren Bockmist bestraft. Da gilt immer noch, was Talleyrand gesagt hatte:

 "Hochverrat ist eine Frage des Datums"
(
Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord, 1745 - 1838)


Aber das beschreibt auch nur die Oberfläche. Warum ein Politiker so wenig Mitgefühl hat, dass er bereit ist, Massenvernichtungswaffen einzusetzen zur Zerstörung eines gar nicht mehr menschlich gesehenen "Feindes", kann auch nur verstanden werden auf dem Hintergrund der jeweiligen Kindheitsgeschichte.

Der kleine Mensch, der immer gehorchen musste, will auch einmal die Macht haben. Und weil die schmerzhaften Erfahrungen der eigenen Geschichte verdrängt und unbewusst sind, und weil die Verdrängung einherging mit einer Akzeptanz und Rechtfertigung der eigenen Peiniger, kann sich die dennoch vorhandene Wut nur Raum schaffen durch die Suche nach Sündenböcken. Die ursprünglichen Auslöser der Wut, die Eltern, werden so geschützt. Sie haben damals ja schließlich (so hatte es sich damals das bedrängte Kind zurecht gelegt,) "ihren berechtigten Zorn" gegen das ungehorsame, "böse" Kind gehabt.

So wie damals Eltern ihre Wut an ihren Kindern ausließen und die Kinder verantwortlich machten für ihre Wut, wird jetzt das Verhalten der "Feinde"  als Vorwand benutzt, die eigene Wut auszuagieren im Kampf gegen das Böse, so wie Hitler gegen die Juden wüten musste, Stalin gegen Kosmopoliten, Mao gegen Konterrevolutionäre. Und in unserer Gesellschaft finden diese Herren immer genügend geknechtete "Kinder", die sich willig in solche sinnlosen Kriege schicken lassen.
vergl. auch: Monotheistische Religionen

Es ist bitter dringend an der Zeit, alle Kriegstreiber und Säbelrassler auszulachen, wegen ihrer lächerlichen Projektion der eigenen Wut auf irgend welche Sündenböcke. (s.u.)

Militär hat ausschließlich eine Berechtigung zur Abschreckung. Jegliche kriegerische Aktion auf fremdem Territorium verschärft die bestehenden Konflikte.

Noch nie ist jemand dadurch friedlicher geworden, dass ihm ein anderer in die Fresse geschlagen hat.

Genau so wenig wird es jemals echten Frieden geben durch militärische Gewalt.
Und ebenso wenig wird irgend jemand besser durch Strafe.


Zugegeben, das Lachen wird bitter sein. Es droht einem im Halse stecken zu bleiben. Aber letztlich gibt es keine andere Wahl. Jeder Kampf, jede Drohung bestätigt die auf Gewalt programmierten Menschen, sie werden deshalb dadurch nicht friedlicher.

Jede Bestrafung erzeugt Abwehr und Gegengewalt. Selbst, wenn der Bestrafende glaubt, im Recht zu sein, ist die Bestrafung und der Krieg gegen die "Übeltäter" langfristig erfolglos
– eine katastrophale Fehlinvestition. (Der Verteidigungsetat aller Staaten der Welt zusammengerechnet lag im Jahr 2006 bei etwa 1.000 Mrd. - aus Wikipedia) 

Die Kosten sind trotz der fast unvorstellbaren Höhe eigentlich nebensächlich. Viel schlimmer ist das unendliche Leid, dass durch alle Kriege Millionen von Menschen zugefügt wird. Und das Schlimmste ist, dass die Zahl der durch Kriege verrohten Menschen durch jede Kriegshandlung vergrößert wird, dass die Summe des Grolls und Hasses immer größer wird und daher die Wahrscheinlichkeit zu echtem Frieden immer geringer. Jede weitere Kriegshandlung
 verschlimmert die Situation. In Afghanistan, im Irak, im Gaza-Streifen . . .

Auch das Wirtschaftsleben ist durch Konkurrenz und gewalttätiges Denken geprägt und ist dadurch unlösbar verknüpft mit den intenationalen Kriegen aber auch mit der Strafgetzgebung in den einzelnen Ländern und dem Erziehungsstil in den Familien . . . 


Änderung 8. 1. 2012